Fortsetzung Rasseportrait von Adolf Kraßnigg (Seite 4)

Das Haarkleid

Ein letztes Wort noch zum hervorstechendsten äußeren Merkmal unserer asiatischen Schönheit, dem prachtvollen Haarkleid. Gute Zuchtauswahl sorgt für festes Deckhaar und eine Unterwolle, die keineswegs wattig sein darf. Das Haar verlangt gewiss eine aufwendigere Pflege als das anderer europäischer Hunde, aber bei guter Qualität filzt es kaum und macht weniger Mühe, als das auf den ersten Blick erscheint. Der Haarschleier vor den Augen soll, so sagt man, unseren Tibeter in seiner Heimat vor Staubstürmen geschützt haben. Vor diesen müssen wir in Europa kaum Angst haben. Statt die Haare aber vor den Augen frei zu schneiden, raffen wir sie mit einer Spange oder einem Gummi zusammen und verschaffen so unserem Hund freie Sicht. Schleifchen aber sind verpönt. Die bleiben Schoßhündchen vorbehalten und taugen nichts für unsere kernigen, urwüchsigen Tibeter.

 

Nachtrag, denn wir lernen nie aus, was unsere Hunde betrifft!

Neue originale Tibet Importe

Ehre wem Ehre gebührt! Darum habe ich von den Webseiten des TTS (Abkürzung für den slowenischen Klub für Tibet Terrier) folgende Passage fast wörtlich übernommen: „Im Jahre 2006 ist Dank der Zusammenarbeit von drei begeisterten Züchtern von drei verschiedenen Ländern etwas fast Unglaubliches gelungen. Trotz der Behinderung durch chinesische Behörden schafften Margareta Sundqvist (A-Mas) aus Schweden, Anna Lorenzon (Serenissimo Ganesh) aus Italien und Primoz Peer (Rombon) aus Slowenien bei ihrem Aufenthalt in Tibet einen Tibet Terrier zu finden und seinen Import nach Europa einzurichten. Der Rüde heißt Kanze, lebt in der slowenischen Stadt Ljubljana – und wird von Primoz Peer sehr behutsam in der Zucht eingesetzt und getestet“.

 

Die drei hier erwähnten Züchter/innen gehören zu den erfahrensten Kennern des Tibet Terriers weltweit. Alle drei sind F.C.I.-Zuchtrichter. Ihre wichtigsten Motive dürften sein, die originalen tibetischen Merkmale unseres Hundes in der Zucht zu akzentuieren und einen Beitrag zum Erhalt der genetischen Vielfalt des Tibet Terriers zu leisten.

Einer der Söhne Kanzes steht inzwischen im Kennel „von Jagalaa“ und heißt „Rombon Jambeyang Sisi“. Inzwischen sind weitere originale Tibet Importe nach Slowenien und Skandinavien geholt worden. Auch in Deutschland wird demnächst ein originaler Tibet Import seine neue Heimat finden.

 

Tibet Terrier gehört zu den ältesten Haushunden der Welt!

2002 und 2009 erschienen die vielleicht umfassendsten und qualitativ besten genetischen Studien über den Ursprung der Domestikation des Haushundes. An dieser Studie waren insgesamt 14 Fachinstitute beteiligt. Der größere Teil aus China, dann aber auch aus den USA, England und Skandinavien. Leiter dieser Studie war der Finne Savolainen.

Als Ergebnis Studie „Savolainen 2002“ wissen wir nun, dass der Tibet Terrier zu der frühsten Gruppe (Klade) der Haushunde vor etwa 11 – 16 Tausend Jahren gehört. Von allen in der Studie untersuchten Hunde, etwa 700 an der Zahl, ordnete die Studie heute in Tibet lebende Tibet Terrier (Apso) an der Nummer 4 und 5 in der Distanz zu den mongolischen Ursprungswölfen ein.

Die in Europa und Amerika in der Zucht befindlichen Tibet Terrier stammt, wie schon vorher erwähnt, direkt von solchen originalen TT ab. Die 80 Jahre Zuchtgeschichte seit dieser Zeit konnte der genetischen Vielfalt unseres Hundes nichts entscheidendes anhaben. In Deutschland ist der TT in jedem Fall der Haushund, der die größte genetische Vielfalt aller vom VDH untersuchten Hunde aufweist. Und dieser Befund dürfte auch für ganz Europa gelten.

Übrigens: Die Domestikation des Haushundes erfolgte, so „Savolainen 2009“, in einer Region südlich des Yangtse, vor etwa 11600 – 16400 Jahren also, und zwar in einer zielgerichteten, umfangreichen und koordinierten Aktion, an der mehr als 100 Ursprungswölfe beteiligt waren. Und das Motiv dazu? In der in Englisch verfassten Studie steht dafür das Wort „food“.

 

Adolf Kraßnigg

Veröffentlicht in:

EL MUNDO DEL PERRO, 8/01; S. 66 ff

Nachtrag verfasst am 10.6.2010